Was soll ich essen, wenn ich krank bin? (Precision Nutrition)

Erkältungszeit. Dazu hat Thomy eingangs der Woche schonmal kurz und übersichtlich die wichtigsten Vermeidungs- und Genesungsstrategien vorgestellt: 5 Tipps, um gesund zu bleiben

Heute gehts im Detail um die Ernährung im Krankheitsfalle. Nährstoffe liefern deinem Körper das, was er braucht, um (optimal) funktionieren zu können. Ein Infekt erschwert deinem Körper die Funktion. Daraus ergibt sich logischerweise, dass dein Körper im Falle eines Infekts besonders auf eine bedarfsgerechte Versorgung mit Nährstoffen angewiesen ist.

Wie macht man das? Darum geht es im heutigen Artikel – im Original von Ryan Andrews & Brian St. Pierre (Precision Nutrition)

Das Immunsystem – Einführung

Komplex und bewundernswert: Das ist das menschliche Immunsystem.

Ständig auf der Hut, schützt es uns vor einfallenden Horden an Bakterien, Pilzen und Viren die (wörtlich) unser Leben bedrohen.

Tatsächlich tritt das Immunsystem sofort auf den Plan, sobald du den ersten Bissen Essen in den Mund nimmst. Wusstest du schon, dass unser Speichel mächtige antimikrobielle Substanzen wie Lysozym, Alpha-Amylase oder Lactoferrin enthält?

Und das ist nur die allererste Hürde. Krankheitserreger, die es dennoch weiter schaffen, treffen auf eine deutlich stärkere Verteidigungslinie: Die Magensäure. In ihr enthalten: Salzsäure, HCl.

Auf dem Bau werden mit verdünnter Salzsäure getrocknete Mörtelreste vom Mauerwerk entfernt. HCl vernichtet die meisten Eindringlinge im Magen, bevor sie tiefer in den Verdauungstrakt gelangen.

Auch für diesen Fall sind wir gerüstet mit weiteren Substanzen wie zB. Enzymen in den Eingeweiden, um Angreifer auch jetzt noch abzuwehren.

Schließlich helfen uns auch unsere gutgesinnten bakteriellen „Mitbewohner“ (das Wort „Probiotika“ hast du bestimmt schonmal gehört), Krankheitserreger vom Übertritt in den Blutstrom bzw. von der Vermehrung in Dünn- und Dickdarm abzuhalten.

[…]

Nährstoffdichte Lebensmittel mit hohem Ballaststoffanteil führen zu einem gesunden „Bakterienhaushalt“ im Verdauungssystem. Eine Ernährung mit vielen verarbeiteten Lebensmitteln, sowie billigen Fetten und Zuckern führt hingegen zu einer mikrobiellen Dysbiose [auf deutsch: schlechte Bakterien].

Deshalb ist eine ausgewogene Ernährung aus frischen & unverarbeiteten Lebensmitteln deine beste Versicherung gegen alle möglichen Krankheitserreger.

Unser Verdauungssystem macht über 70% unseres Immunsystems aus! (Und es ist sehr viel komplexer, als es hier dargestellt werden kann.)

Prebiotika and Probiotika

Beide sind entscheidend für die Darmgesundheit. Und die Darmgesundheit ist absolut wichtig für deine Immunität.

Prebiotika (a.k.a. Nahrung für Bakterien) helfen, deine mikrobiellen Freunde zu ernähren. Normalerweise handelt es sich um halb-lösliche Ballaststoffe, die von Bakterien fermentiert werden können. [Falls dich die genauen Vorgänge interessieren, hier unsere „Wahrheit über Ballaststoffe“].

Probiotika (also lebende Bakterien) helfen uns Forschungsergebnissen nach, schneller gesund zu werden.

Deshalb sollten wir uns bemühen, dass unser Verdauungssystem von „gutgesinnten“ Kreaturen bewohnt wird!

 

Die besten Quellen für Prebiotika sind:

• Gemüse: Spargel, Knoblauch, Topinambur, Lauch und Zwiebeln

• Carbs: Gerste, Bohnen, Hafer, Quinoa, Roggen, Weizen, Kartoffeln und Süßkartoffeln

• Obst: Äpfel, Bananen, Beeren, Zitrusfrüchte, Kiwis

• Fette: Leinsamen und Chiasamen

 

Und die besten Quellen für Probiotika sind:

• Milchprodukte: Joghurt, Käse und Kefir mit lebenden und aktiven Kulturen

• Fermentierte Produkte: Saure Gurken, Sauerkraut, Kimchi, Miso, Tempeh [nur nützlich, falls NICHT pasteurisiert!]

• Außerdem: Sojasauce, Wein

 

Wichtig: Vielleicht fühlst du dich nach der gezielten Einnahme von Probiotika [aus Nahrung oder aus Supplementen] zunächst schlechter [Herxheimers Reaktion]. „Schlechte“ Bakterien sterben und setzen dabei Giftstoffe frei – warte ein paar Tage ab und schau, was passiert.

Menschen mit beeinträchtigter Immunität können Infekte aufgrund von Probiotika entwickeln. Sei vorsichtig, wenn du:

• AIDS hast

• immunosuppressive Medikamente nimmst,

• Strahlungstherapie oder Chemotherapie erhältst,

• dich im Krankenhaus befindest.

Belassen wir es also zunächst dabei, dass was wir essen unsere Immunität auf vielfache Weise beeinflusst.

Essen oder nicht essen: Das ist die Frage!

Während eine Ernährung aus frischen Lebensmitteln und reich an Pre- und Probiotika einen großen Beitrag leistet, dich vor Erregern zu schützen, kann auch die gesundeste Ernährung nicht jeden Eindringling zurückweisen. Und wenn du dann doch einmal krank wirst, möchtest du auch schnell wieder gesund werden!

Solltest du also eine Erkältung füttern und Fieber aushungern, wie es das Sprichwort empfiehlt?

[Annemarie Colbin schreibt in ihrem Klassiker „Food and Healing“, dass es sich hier um einen Fall gescheiterter stiller Post handelt. Ursprünglich, so Colbin, hieß es: „WENN du eine Erkältung fütterst, musst du ein Fieber aushungern.“ Meine persönliche Erfahrung bestätigt das. (Anm. von Ruppert)]

Spoiler Alarm: Es gibt keine definitive [wissenschaftliche] Antwort.

Eine kleine Studie fand heraus, dass essen hilft, ein Erkältungsvirus abzuwehren. Und, dass Fasten hilft, fieberige Infekte zu bekämpfen.

Aber eine einzelne Studie ist weit entfernt von eindeutig. Vor allem wenn die Gründe für die Ergebnisse unklar bleiben.

Wir wissen, dass eine moderate Kalorienbeschränkung:

• die zellgesteuerte Immunität verbessert

• hilft, durch zB. Chemotherapie bzw. das Altern ausgelöste Veränderungen des Immunsystems abzufangen, indem Stammzellen schneller neu gebildet werden

Andererseits, während sehr niedriger Nahrungsaufnahme:

• kommen wir schlechter mit bestimmten Erregern zurecht

• ist das Immunsystem allgemein herabgesetzt

[…]

Schwer zu sagen, oder?

Appetit und Krankheit

Da die Wissenschaft sich uneins ist, ist für die Praxis der vermutlich beste Rat, auf deinen Körper zu hören.

Wenn es wirklich drauf ankommt, liefern dir die Appetitsignale deines eigenen Körpers vermutlich die beste Antwort darauf, was/ob du essen solltest, wenn du krank bist.

Zum Beispiel haben nur sehr wenige Menschen Hunger, wenn sie unter einer Grippe oder Gastroenteritis leiden. Das liegt daran, dass grippeähnliche Erreger bestimmte Entzündungsreaktionen auslösen, welche wiederum den Appetit herabsetzen.

Vielleicht ist dies eine Strategie des Körpers, Ressourcen zu schonen? Verdauung benötigt schließlich eine ganze Menge Energie – Energie, die vielleicht unmittelbar gebraucht wird, die Eindringlinge abzuwehren.

Das ist eine interessante Möglichkeit, die bislang aber noch nicht wissenschaftlich belegt werden kann.

Frische Lebensmittel und Immunität

Nehmen wir mal an, du wirst trotz aller Vorsicht krank – und dein Appetit verschwindet nicht völlig. Gibt es Lebensmittel, die dir bei einer zügigen Genesung helfen können? Tatsächlich gibt es die!

Ein paar Beispiele:

Knoblauch. Hat eine antibiotische Wirkung und wird regelmäßig mit abgemilderten Erkältungssymptomen in Verbindung gebracht.

Hühnerbrühe. Ein altes Hausmittel gegen Erkältungen, das tatsächlich funktioniert. Die Brühe versorgt dich mit Flüssigkeit und Elektrolyten, ist warm und wohltuend und hat vermutlich auch entzündungslindernde Eigenschaften, die bei Erkältungskrankheiten helfen. Für die vollen Effekte musst du allerdings echte Hühnerbrühe verzehren – die du aus einer Hühnerkarkasse herstellst.

Grüner Tee. Kurbelt die Produktion von B-Lymphozyten an, was allgemein der Abwehr von Krankheitserregern zu Gute kommt.

Honig. Hat antibakterielle und -biotische Eigenschaften und ist außerdem ein effektiver Hustenstiller. In einer Studie war Honig so effektiv wie ein hustenstillendes Medikament. Ein paar wenige Teelöffel in einer Tasse grünem Tee sind alles, was du brauchst (und liefern dir gleichzeitig die Vorzüge des Tees).

Holunderbeeren. Diese haben antivirale Eigenschaften und sind voller Phytonährstoffe. Einige (klein angelegte) Studien haben ergeben, dass Holunderextrakt die Dauer von Erkältungen und anderer Infekte der oberen Atemwege verkürzt.

Was du JETZT tun kannst

Zur Krankheitsvermeidung:

• vermeide ein Über- oder Untertraining

• vermeide Über- oder Unterernährung

• Halte ein gesundes Körpergewicht

• Wasch dir die Hände

• Schlafe genug (und zwar regelmäßig)

• Reduziere Stress

• iss viele nährstoffdichte Lebensmittel

• ernähre deine guten Bakterien (Prebiotika)

Für manche kann ein periodisches Fasten sinnvoll sein,

Du kannst außerdem erwägen Vitamin-D [v.a. im Winter!], Probiotika und ein pflanzenbasiertes (!) Breitspektrum Multivitamin/-mineral zu ergänzen.

Aber sei dir im klaren, dass Supplementierung (insbesondere mit Probiotika) wenig nützt, wenn du dich nicht ausgewogen mit vielen frischen Lebensmitteln ernährst. Ein isoliertes Ergänzungsmittel kann keine schlechte Ernährung ausgleichen. Kümmer dich zuerst um deine tägliche Ernährung.

Wenn du dich bereits krank fühlst:

• trinke viel Flüssigkeit (vor allem Wasser und grünen Tee)

• Ruhe dich aus

• Konzentriere dich auf immunfördernde Lebensmittel (s.o.)

• Ergänze deine Nahrung mit Pre- und Probiotika

• Nutze immunfördernde Ergänzungsmittel

Und vor allem: Hör auf die Signale deines Körpers.

Wenn du hungrig bist, iss. Wenn nicht, lass es. Super Shakes sind vielleicht hilfreich.

Und schlussendlich: Egal wie sehr du dich um Ernährung, Training, Erholung und Stressmanagement sorgst: Manchmal wird man einfach krank. Versuche, nicht den Helden zu spielen und so zu tun als wärest du es nicht. Folge lieber den hier gegebenen Ratschlägen und komm schnell wieder auf die Beine!“

Hier verlinkt findest du die wichtigsten Infos nochmal als Infografik von Precision Nutrition.

Text im Original von Ryan Andrews & Brian St. Pierre (Precision Nutrition)

Title photo courtesy of Rick Ligthelm (Creative Commons License)