Schwere Knochen und genetische Ungerechtigkeit

Wer kennt das nicht… man selbst muss die Bratwurst nur anschauen und nimmt schon zu. Die Freunde und Bekannten können essen so viel sie wollen – ungerecht oder? Dachte ich mir auch immer, das kann es doch nicht sein!

„Ich hab schwere Knochen!“

Das Lieblingsargument der Deutschen – die schweren Knochen! Im Bodybuilding existiert immer noch das beliebte Schema der Körpertypen „ectomorph“, „mesomorph“ und „endomorph“. Sie beschreiben die optische Beschaffenheit des Menschen (sehr mager / muskulös / sehr breit) und die Geschwindigkeit seines Stoffwechsels (braucht viele Kalorien / normale Kalorienmenge / benötigt wenig Kalorien). Geprägt und erschaffen wurden diese Begriffe von einem Psychiater namens Ernst Kretschmer unter dem Begriff „Konstitutionstypologie“. Diese Erkenntnisse wurden später noch weiterentwickelt, darauf möchte ich aber nicht weiter eingehen.

Der Bär mit den „schweren Knochen“ ist übrigens dieser sogenannte Endomorph. Er wird gern als typischer Arbeiter- / Bauersjunge beschrieben, der mit breiten Schultern, einer breiten Hüfte und stämmigen Beinen ausgestattet ist. Seine Hände sind meist Pranken und er neigt sehr schnell dazu, Gewicht (und somit auch Muskeln) zu zulegen.

Ich bin aber kein sehr großer Fan von dieser Theorie. Da sich in den Jahren zeigte, dass in 80% aller Fälle kein Typ eindeutig zuweisbar ist, hat es für mich praktisch keine Relevanz. Viel mehr sollte man den Menschen gezielt betrachten. Der Bauersjunge hat eine gute Voraussetzung, um Muskel aufzubauen, da er bereits durch die körperliche Arbeit gestärkt ist und daraufhin „trainiert“ wurde.

Viel mehr kann man also davon ausgehen, dass es einen gewissen „menschlichen Rahmen“ gibt, den sogenannten Knochenbau. Ich weiß, dass ich mit dieser Meinung nicht nur auf positive Resonanz treffen werde und sich der ein oder andere auf den Schlips getreten fühlt. Im Gegensatz zu meiner Anfangszeit hat sich meine Meinung geändert. Ich dachte, ich sei dieser Typ mit den schweren Knochen. Tatsächlich bin ich aber eher ein Mischtyp zwischen Ektomorph und Mesomorph… was man nicht alles sieht, wenn das Fett erstmal weg ist ? Genau aus diesem Grund kann ich das ganze Konstrukt einfach nicht mehr ernst nehmen.

„Bei mir ist das genetisch bedingt“

Nach einem kurzen Gespräch mit einem meiner Kommilitonen entgegnete mir dieser, dass er sehr schnell zunimmt und das bei ihm wohl einfach so sei. Für einen kurzen Augenblick erkannte ich mich selbst wieder. Das sagte ich auch, obwohl ich, wie ich mittlerweile herausgefunden habe, einen ganz normalen Stoffwechsel habe. Ich kann nicht übermäßig viel essen, aber muss auch nicht hungern – ich habe einfach gelernt, richtig zu essen. Niemand wird von einer fettigen Mahlzeit dick.

Als ich meinen Kommilitonen daraufhin entgegnete, dass er mir immer nur berichtet, dass er zu KFC geht, einen Döner um die Ecke holt oder sich aber eine Pizza selbst macht, kam daraufhin nur ein „aber trotzdem“. Entschuldige an dieser Stelle noch einmal, aber es sind nicht deine Gene und du hast auch keine schweren Knochen! Du hast einfach eine falsche Einstellung zum Essen. Ich habe auch mal so gedacht und mich auch so ernährt…

Mir wird von den Menschen nie berichtet, dass sie sich gerade einen leckeren Salat gemacht haben (ja, Salat kann wirklich schmecken!) oder ein Steak mit einer Riesenportion Kaisergemüse. Man muss sich eben einfach eine gesunde und kluge Einstellung zum Essen angewöhnen. Ein kleiner Tipp: ein großes Glas Wasser vorm eigentlichen Essen kann helfen, deinen Hunger etwas zu stillen.

„Die anderen können so viel essen!“

Die Ursache des „tollen Stoffwechsels“ aller anderen Menschen ist meist eine Schilddrüsenüberfunktion und kommt gar nicht so häufig vor, wie du vielleicht denkst… Natürlich hat jeder Mensch einen etwas unterschiedlichen Stoffwechsel, aber das ist in den meisten Fällen gar nicht entscheidend. Von Bedeutung ist viel mehr die Anzahl und Intensität der Aktivitäten.

Dank Bewegung in allen Formen kannst du deinen Stoffwechsel „schneller“ gestalten. Du verbrennst mehr Kalorien, in dem du dich mehr bewegst – logisch! Zudem kannst du durch mehr Muskeln auch mehr Kalorien verbrennen. Stellt man es also vernünftig an, ist es möglich durch gezieltes Training und anpassen der Ernährung Unmengen an Nahrung zu verschlingen, obwohl man eigentlich schnell dazu neigt Fett anzusetzen.

Falls trotz aller Versuche nichts so recht funktioniert, steht einem der Weg zum Arzt immer noch offen. Dieser kann feststellen, ob eine Schilddrüsenunter- oder Überfunktion vorliegt. Das tut nicht weh und ist schnell erledigt. Ein paar Fragen beantworten, Blut nehmen lassen, abtasten der Schilddrüse und eventuell ein kurzer Check per Ultraschall verschaffen Klarheit. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass du nicht unter einem der beiden Phänomene leidest!

Und jetzt hör endlich auf mit den Ausreden und gewöhn dir ordentliche Essgewohnheiten an. Lies dich in die anderen Artikel ein, stell Fragen und bleib am Ball – dann wird das.