Das kleine Eiweißpulver-Kompendium

Wer Kraftsport betreibt ist garantiert schon mal über den Begriff „Eiweißpulver“ gestolpert. Es wird gern konsumiert, da es eine rasche und sichere Versorgung mit wichtigen Aminosäuren gewährleistet. Doch was ist das überhaupt? Ist es schädlich? Es wirkt muskelaufbauend – ist es dann nicht gleichzusetzen mit Anabolika?

Definitionen

Zunächst müssen wir die ganzen Begriffe genauer ansehen. „Eiweißpulver“ ist sehr allgemein gehalten. Es gibt natürlich verschiedene Eiweißlieferanten und Arten. Da gibt es Eiweiß aus dem Ei, tierische Eiweiße, pflanzliche Eiweiße (Soja, Erbse, Reis), Molkeprotein, Caseinprotein. Schnelles und langsam verdauliches Eiweiß und dann gibt es noch Mischformen, die beides beinhalten.

Ich glaube, am einfachsten ist eine kleine Übersicht dazu:

• Schnell verdaulich – Molke-Protein (billig und beliebt)

• Langsam verdaulich – Caseinprotein (kommt zu großen Teilen in Quark vor)

• teilweise schnell und langsam – Mehrkomponentenprotein (Mischform verschiedener Eiweiße) bzw. die meisten pflanzlichen Eiweiße

Das dürfte hinreichend sein, um die Unterschiede kenntlich zu machen. Als nächstes müssen wir „anabol“ definieren, denn dieser Begriff heißt übersetzt einfach nur „muskelaufbauend“ und hat nichts mit illegalen Substanzen zu tun. Als „Anabolika“ werden Substanzen betitelt, die also eine muskelaufbauende Wirkung haben. Somit könnte man den kompletten Makronährstoff „Eiweiß“ als Anabolika betiteln, wenn man denn möchte. Die tatsächlich verbotenen Mittelchen heißen „anabole Steroide“. Sie verhelfen dem Athleten seine Leistung über sein genetische Maximum (seine muskulären Grenzen) hinaus zu steigern und kommen mit zahlreichen Nebenwirkungen daher. Ich rate jedem vom Konsum anaboler Steroide ab.

Eiweißpulver!

Wir erkennen also, dass Eiweißpulver nicht mit anabolen Steroiden gleichzusetzen sind. Der häufig falsche Gebrauch von „Anabolika“ gepaart mit fehlerhaften Informationen, die auch gern von sämtlichen Menschen wiedergekäut werden, führt dazu, dass alles vermischt und undurchsichtig wird. Ein gigantisches Problem. Gerade in der Fitnessszene, da dort schon so versucht wird, dem Verbraucher etwas mit angeblichen Effekten zu verkaufen, die nie nachgewiesen wurden. Eine vollkommen intransparente Industrie.

Um Dir einen besseren Überblick zu verschaffen, werde ich Dir die Pulver kurz vorstellen.

Whey-Protein (Konzentrat, Isolat, Hydrolisat)

Der Klassiker unter den Eiweißpulvern wird aus Molke gewonnen. Spricht man also von einem „Molke-Protein“ ist ein Whey-Protein gemeint (englisch „Whey“ = deutsch „Molke). Molke ist der Hauptbestandteil der Milch von Säugetieren, also praktisch der Kuhmilch. Der Mensch kann diese Art von Protein besonders schnell verarbeiten. Zudem besitzt es eine hohe biologische Wertigkeit, kann also besonders gut vom Menschen aufgenommen werden.

Es gibt 3 verschiedene Verarbeitungsarten von Whey-Proteinen. Whey-Protein-Konzentrate sind die billigere Variante, gelten allgemein aber als weniger „hochwertig“ und sind für Menschen mit einer Laktoseunverträglichkeit ungeeignet, erfüllen für die restliche Menschheit aber vollkommen ihren Zweck (ich selbst konsumiere ausschließlich Konzentrat).

Whey-Protein-Isolate sind wesentlich teurer, aber dafür laktosefrei und fettarmer – es wird gern als die „reinste Proteinart“ bezeichnet und ist durch aufwändigere Verarbeitung ein verträglicheres Whey-Protein als ein Konzentrat (ob es den Preis rechtfertigt sei dahin gestellt).

Die Steigerung des Ganzen ist ein Whey-Protein in Hydrolisat-Form. Durch den noch aufwändigeren (und teureren) Hydrolysationsprozess werden noch mehr Fette und Kohlenhydrate herausgefiltert. Zudem sorgt die erweiterte Denaturierung für eine noch höhere Bekömmlichkeit. Für Allergiker und empfindliche Menschen gedacht, ist es für den Ottonormalbürger relativ uninteressant, da es mit einem beachtlichen Preis daherkommt.

Casein-Protein

Das langsam verdauliche Eiweiß ist der Gegenpart zu Whey-Protein. Kuhmilch besteht zu 80% aus Whey-Protein und zu 20% aus Casein-Protein. Somit ist klar, dass auch Casein aus Molke gewonnen wird. Sie werden vom Körper langsamer verwertet. Aus diesem Grund sagt man ihnen eine sättigende Wirkung nach. Athleten in einer Wettkampfdiät schwören darauf, da sie damit ihren Hunger bekämpfen können. Meine Tipps zum Sättigungsgefühl könnten aber ebenfalls Abhilfe schaffen, denn Casein-Protein ist eines der teuersten Proteinpulver! Ziemlich lächerlich, da in Magerquark ein Großteil der Eiweiße aus Casein besteht und spottbillig ist ?

Casein steht zudem unter Verdacht krebsfördernd zu wirken. Einige „Experten“ legen das Ganze etwas anders aus und deuten um, dass es krebserregend wirkt. Dieser Effekt ist nicht nachgewiesen! Krebsfördernd bedeutet: wenn Krebs ausgebrochen ist, kann Casein dafür sorgen, dass er schneller wächst. Allerdings ist die Studie in der umstrittenen China-Study veröffentlicht worden, die Veganer gerne dazu nutzen, um eine tierische Ernährung zu verteufeln.

Meine persönliche Erfahrung mit Casein-Protein war übrigens sehr nervig: da man Casein auch als „Nachtprotein“ betitelt und man es nehmen soll, um den Körper und der Nacht mit genügend Proteinen zu versorgen, hielt ich mich an die Vorgaben. Mitten in der Nacht war ich jedes Mal wach, da das Casein meinen Magen anscheinend so stark beschäftigte. Ich nahm den Beutel trotzdem noch zu Ende, aber danach hielt ich Abstand.

Mehrkomponentenprotein

Ein Kompromiss zwischen der schnellen und exzellenten Verwertung des klassischen Whey-Proteins und der sättigenden Wirkung eines Casein-Proteins. Manchmal werden noch Hühnerei-Protein und Soja-Protein beigemischt. Wenn überhaupt, dann ist es in einer harten Diät nützlich. Die Mischung lassen sich die Hersteller wieder ordentlich bezahlen.

Pflanzliches Protein

Die vegane Alternative. Pflanzliche Proteine werden zwar nicht so gut bzw. eher schnell aufgenommen wie ihr tierisches Pendant, aber nichts destotrotz handelt es sich um eine hochkonzentrierte Proteinquelle für Sportler, die zum Teil durch die geschickte Kombination mehrerer pflanzlicher Proteinquellen ein tierischem Protein recht ähnliches Aminosäurenprofil aufweisen. Brauchbare Quellen sind etwa Erbsen- und Reisprotein. Jedoch steht Reis-Protein unter Verdacht von Schwermetallverunreinigungen, da der verwendete Reis, auch wenn er GMO-frei und Organic gelabelt ist (was ja Qualität suggerieren soll) oft von belasteten chinesischen Böden stammt. Dann gibt es noch Hanfprotein. Hanfprotein hat ein vollständiges Aminosäurenprofil und die Schwermetallproblematik ist laut aktuellen Erkenntnisse absolut zu vernachlässigen. Jedoch ist es vor dem Hintergrund unserer Zielsetzung als Sonderfall zu betrachten. Es enthält zwar viele wertvolle Mikronährstoffe, aber nur einen Proteingehalt von ca. 50%! Das macht Hanfpulver sicher zu einem hochwertigen Nahrungsergänzungsmittel insb. für Mahlzeitersatzzwecke, wenn es mal nicht anders geht. Für die gezielte Zufuhr konzentrierten Proteins gibt es aber bessere Alternativen. Zu erwähnen ist, dass die veganen Alternativen bei weitem nicht so geschmackvoll sind wie die tierischen Proteinpulver. Das findet zumindest Thomy. Ruppert meint, dass hochwertige Pflanzenproteine wie etwa das von ihm favorisierte Sunwarrior Warrior Blend (siehe unten) mit etwas Gewöhnung durchaus gut schmecken können. Außerdem: Stell dich nicht so an!

Eine Ausnahme stellt das Soja-Protein dar, welches exzellent schmeckt. Davon würden wir aber auf jeden Fall Abstand halten. Es ist zwar laktosefrei, aber da Soja häufig genmanipuliert angebaut wird, ist es nicht wirklich eine Alternative. Soja steht auch unter Verdacht krebsfördernd zu wirken, die Furchtbarkeit bei Männern zu senken (bzw. durch Phytoöstrogene insgesamt negative Auswirkungen auf sowohl männliche als auch weibliche Sexualhormone zu haben) und die Gesundheit des Herzens zu belasten. Eine sehr gute englischsprachige Ausführung zum Thema Soja mit etlichen Studien findet ihr auf Examine („Is soy good or bad for me“). Das Fazit lautet auch hier wieder: es kommt drauf an. Auf was? Auf deine Gesundheit, auf die Art von Soja (und die Verarbeitungsart) und dein Geschlecht (männlich / weiblich) und somit auf die Hormone (die sind bei Männlein und Weiblein ja etwas anders).

Noch dazu enthält Soja Trypsininhibitoren, blockiert also für die Proteinverdauung notwendige Enzyme in deinem Verdauungstrakt! Wenn Proteine nicht in ihre Aminosäuren zerlegt werden können (durch Enzymaktivität), können sie nicht die Darmwand passieren und werden ungenutzt ausgeschieden. Somit ist es fraglich, ob Sojaprotein für Sportler eine sinnvolle Lösung ist.

Hühnerei-Protein

Ebenfalls eine Alternative für Leidensgenossen einer Laktoseintoleranz. Hühnereier sind als Ganzes gesehen ein hervorragendes Lebensmittel. Sie enthalten gesunde Fette, ordentlich Eiweiß und eine hohe Konzentration an Vitaminen. Es gibt Präparate aus dem vollen Ei (mit mehr Fett) und welche aus Eiklar, die besonders cholesterinarm sind.

Tierprotein

Gemeint sind vor allem Rindfleischproteine – und die waren vor einiger Zeit mal „in“. Die Industrie warb mit exzellenter Verträglichkeit und Verwendung von bestem Fleisch. Klar, die kaufen schweineteure argentinische Rinderfilets und extrahieren die Proteine daraus… Das sind natürlich auch nur Abfallprodukte. Solche Proteinpulver sind nicht nur extrem teuer, sie liefern auch noch keinen Mehrwert zu einem Whey-Pulver. Dennoch bleibt zu sagen, dass die Verwertbarkeit von fleischlichem Protein gut ist, da sie den körpereigenen Proteinen sehr ähnelt.

Weshalb Eiweißpulver nehmen?

Aber warum sollte man eigentlich Eiweißpulver konsumieren, wenn man es doch mit „richtiger“ Nahrung zu sich nehmen kann? Die Antwort ist sehr pragmatisch: Eiweißpulver sehen zwar recht teuer aus, aber ein Whey-Protein zum Beispiel hat einen der kleinsten Preise pro Gramm Eiweiß. Also ist es zum Einen extrem billig seinen Körper mit notwendigem Protein zu versorgen. Zudem sättigt Eiweiß ganz gut (durch den Thermic Effect of Food) und sorgt für einen optimalen Muskelaufbau und in der Diät größtmöglichen Muskelerhalt.

Kritik: unnatürliche Pulver

Viele Menschen kommen mit dem Argument, dass Eiweißpulver unnatürlich und pure Chemie seien. Eiweißpulver sind extrahierte Proteine aus Lebensmitteln (Milch, Fleisch, Hühnerei, Pflanzen). Was ist denn Mehl? Eigentlich auch unnatürlich. Dieses Argument zieht nicht – überhaupt nicht! Und bevor jetzt noch X Stimmen kommen mit „Mehl ist seit Jahren in Benutzung, das sehen wir als natürlich an!“ frag Dich, ob Du wirklich auf so einem Niveau diskutieren möchtest. Verarbeitet bleibt verarbeitet – egal wie lange es schon existiert. Sonst findest Du heute Eiweißpulver schlimm und in 2 Jahren okay, weil es schon so „lang“ existiert?

Die Magenverweildauer

Die Magenverweildauer von Lebensmittel ist sehr unterschiedlich. Bei Milch (Molkeprotein) beträgt es ca. 2-3h (Sonderfall: Whey mit Wasser auf leeren Magen 90 Minuten), was das Argument „langsamere Aufnahme von Casein“ komplett zerstört. Sobald es im Magen ist, wird es allmählich verstoffwechselt. Da spielt es keine Rolle, ob es ein Whey- oder Caseinprotein ist. Einzig die Sättigung ist bei einem Casein höher. Es lohnt sich demnach nicht, nach der schnellen und langsamen Aufnahme von verschiedenen Proteinquellen zu forschen. Wer es etwas genauer wissen will, der kann sich die Tabelle in folgendem Video anschauen: „Magenverweildauer und Versorgung mit Eiweiß/Protein“.

Empfehlungen

Was kann ich Dir also empfehlen? Aus preislicher Sicht mit größtmöglichem Nutzen ganz klar das klassische Whey-Protein. Es bietet das meiste für das kleinste Geld – was willst Du mehr? Veganern kann man zu einem Reisprotein oder Erbsenprotein raten, aber Vorsicht: kein Geschmackserlebnis.

Nun möchte ich Dir noch meine Lieblings-Pulver vorstellen, die nicht nur exzellent schmecken, sondern auch noch günstig und verträglich sind. Wahlweise mit Wasser oder Milch zu vermischen. Letzteres schmeckt immer etwas besser.