
Veröffentlicht am 22.8.2023
Nimm dir unbedingt die Zeit für diesen Artikel, da er dir sehr hilfreiches Grundlagenwissen vermittelt. Er stammt von niemand geringerem als Lyle McDonald, einem der bekanntesten „Myth Buster“ aus der Welt der Sport- und Ernährungswissenschaft. Ohne große Worte direkt zum interessanten Teil:
Text im Original von Lyle McDonald
Ballaststoffe – Kehrbesen der Natur
Es herrscht immer noch Verwirrung in Bezug auf Ballaststoffe – ein Thema, das sich auszuleuchten lohnt. Daher erhältst du hier einen umfassenden Blick darauf, worum es geht, was sie im Körper bewirken und einige grobe Empfehlungen.
Was sind Ballaststoffe?
Allgemein werden Ballaststoffe zu den Kohlenhydraten gezählt (viele Athleten wie Bodybuilder unterscheiden stärkehaltige von faserreichen, also ballaststoffreichen, Kohlenhydraten). Sie sind so einzigartig, dass man sie gesondert betrachten sollte, auch wenn sie schwierig exakt zu definieren sind.
Chemiker, Botaniker und Physiologen liefern unterschiedliche Definitionen. Da mich die physiologischen Definitionen interessieren, sieh dir die zwei Hauptdefinitionen an:
- Lösliche vs unlösliche Ballaststoffe
- Fermentierbare vs unfermentierbare Ballaststoffe
Lösliche Ballaststoffe lösen sich in Flüssigkeit auf – wie Guarkernmehl, das sich rasch in Wasser auflöst. Unlösliche Ballaststoffe hingegen bleiben unverändert, egal wie lange du rührst.
Nur wenige Leser sind mit der Fermentierbarkeit vertraut. Einfach gesagt, können manche Ballaststoffe im Verdauungstrakt per Fermentation (vor allem durch Bakterien) in kurzkettige Fettsäuren, CO2 oder Methan umgewandelt werden, während andere unfermentierbar bleiben.
Was tun Ballaststoffe?
Ballaststoffe bewirken diverse Effekte, die für deine Gesundheit und Körperzusammensetzung relevant sind. Streng genommen sind sie keine lebensnotwendigen Nährstoffe – du fällst also nicht um, wenn du sie selten oder gar nicht zu dir nimmst. Bevölkerungsgruppen wie die Inuit oder afrikanische Massai ernähren sich fast ballaststofffrei.
Allerdings können Ballaststoffe Vorteile bieten. Sie fördern das Sättigungsgefühl, verlängern – vor allem die Wirkung löslicher Ballaststoffe – die Transitzeit im Verdauungstrakt und können die Aufnahme mancher Nährstoffe (z. B. Calcium, Magnesium, Natrium, Kalium) geringfügig beeinträchtigen. Ein solcher geringer Energieverlust kann günstig sein, wenn du abnehmen möchtest, während er problematisch wird, wenn du ohnehin kaum genug isst. Weitere Effekte sind stabilerer Blutzucker, verbesserte Cholesterin- und Blutlipidwerte, eine potenzielle Steigerung der Insulinempfindlichkeit sowie ein reduziertes Darmkrebsrisiko und eine verbesserte Verdauung.
Ballaststoffe und der Energie Haushalt
Bezüglich der Körperzusammensetzung reduzieren Ballaststoffe die insgesamt aufgenommene Kalorienmenge und unterstützen das Sättigungsgefühl – was beim Abnehmen hilfreich sein kann. Allerdings kann der Effekt, die Mobilisierung gespeicherter Fettsäuren zu hemmen, gerade bei stark reduziertem Körperfett hinderlich sein, auch wenn diese These in der klinischen Praxis nicht bestätigt wurde.
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Ballaststoffe stellen Kalorien dar! Oft wird behauptet, sie lieferten keine Energie, weil uns die nötigen Verdauungsenzyme fehlen. Einige bezeichnen sogar bestimmte ballaststoffreiche Gemüsesorten als „Lebensmittel mit negativer Energiebilanz“, da deren Verdauung angeblich mehr Kalorien kostet als geliefert werden. Doch Ballaststoffe werden – zumindest teilweise – per Fermentation in Fettsäuren umgewandelt, die deinem Körper Energie (etwa 1,5 bis 2 kcal pro Gramm) bereitstellen. Die Idee, sie seien kalorienfrei oder hätten negative Kalorien, ist folglich falsch.
Empfehlungen
Wie viele Ballaststoffe brauchst du? Streng genommen sind sie nicht lebensnotwendig, können jedoch vorteilhaft für deine Gesundheit sein. Du würdest zwar nicht sterben, wenn du keinerlei Ballaststoffe zu dir nimmst – bildlich gesprochen, würdest du „auf dem Pott sitzen“. Dadurch ist es schwierig, exakte Empfehlungen zu geben. Ballaststoffreiche Lebensmittel wie Obst und Gemüse enthalten zudem zahlreiche andere wichtige Nährstoffe. Deshalb ist es sinnvoll, sie zu jeder Mahlzeit einzubauen.
Die optimale Menge ist umstritten: Zu wenig ist ungesund, zu viel könnte auch Probleme bereiten. Für Menschen, die vorwiegend industriell verarbeitete Lebensmittel essen, könnte ein Anfang mit 5–10 Gramm Ballaststoffen pro Mahlzeit sinnvoll sein. Erhöhe deine Zufuhr nicht abrupt, da dein Körper Zeit zur Anpassung braucht – sonst können Blähungen auftreten.
Wenn du täglich eine abwechslungsreiche Mischung aus Obst und Gemüse – idealerweise bio und regional – konsumierst, erhältst du in der Regel auch eine gute Mischung der verschiedenen Ballaststoffarten.
Text im Original von Lyle McDonald
PS: Im Vergleich mit anderen Quellen erscheint die von Lyle McDonald empfohlene Ballaststoffmenge etwas niedrig. Einige Studien setzen 20 g/Tag als minimale Grenze an, während Precision Nutrition (Dr. John Berardi) für Frauen 30–35 g/Tag und für Männer 35–45 g/Tag empfiehlt.
Title photo courtesy of Antara Sarkar (Creative Commons License)