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6 Kritikpunkte für Paleo Fanatiker

6 Kritikpunkte für Paleo Fanatiker

Veröffentlicht am 16.11.2023

Kritikpunkte

Die Paleo Ernährung ist sicher nicht schlecht. Kurz zusammengefasst:

  • Paleo bietet ein leicht verständliches Regelwerk, das dir hilft, mehr echte und unverarbeitete Nahrungsmittel zu konsumieren.
  • Paleo ist mehr Lifestyle als bloße Ernährungsform oder Diät, was eine hohe emotionale Bindung und langfristig positive Resultate mit sich bringt.

Für mich persönlich überwiegen die Vorzüge deutlich, auch wenn die Paleo Polizei nerviger sein kann als Parkplatzsuche in der Hamburger Innenstadt …

Nicht alle Prämissen der Paleo Ernährung halten uneingeschränkt der kritischen wissenschaftlichen Betrachtung stand. Das bedeutet nicht, dass ich der Paleo Ernährung sämtliche wissenschaftliche Fundierung absprechen möchte oder sie für schlecht halte!

Es gibt begründete Kritik an einigen der Paleo Regeln und ihrer Begründung – diese möchten wir dir nicht vorenthalten.

Willkürliche Revolution

Laut den meisten Paleo Vertretern ist Schuld an den Zivilisationskrankheiten die landwirtschaftliche Revolution, also der Beginn von Ackerbau und Viehzucht vor ca. 10.000 Jahren. Doch warum haben wir trotz angeblich 10.000 Jahren „falscher“ Ernährung einen enormen Zuwachs an Zivilisationskrankheiten in den letzten Dekaden erlebt? Was ist mit der Industriellen Revolution vor 200 Jahren oder der digitalen Revolution, die uns immer länger sitzend vor elektronische Geräte fesselt?

Diesen Entwicklungen ist eine Abnahme körperlicher Bewegung und positiver Umwelteinflüsse gemeinsam. Zudem manipulieren wir unsere Lebensmittel seit Jahrzehnten deutlich intensiver – Stichworte: Junk Food, Fertignahrung und Lebensmitteltechnik.

Krafttraining vs. Ausdauersport

Die Befürworter langer Ausdauereinheiten argumentieren, dass bei Cardio mehr Fett verbrannt wird. Dabei wird jedoch nur der Effekt während des Trainings betrachtet – und nicht in den folgenden Stunden. Der Fettverbrennungseffekt von Krafttraining hält viele Stunden nach der Einheit an, da es den Muskelaufbau fördert und die Mitochondriendichte in den Muskeln erhöht. Dadurch verbrennst du den lieben langen Tag mehr Kalorien. Kombiniert mit intensiven anaeroben Konditionseinheiten lassen sich die Effekte weiter verbessern.

Grain poison photo

Früher Getreidekonsum

Wissenschaftliche Belege deuten darauf hin, dass Getreide schon wesentlich früher konsumiert wurde – zwischen 30.000 und über 100.000 Jahren. Einige Funde zeigen, dass in dieser Zeit sogar Mehl hergestellt und weiterverarbeitet wurde.

Da es sich um wilde Ur-Getreide handelte, war der Konsum sicher gering, weil noch kein groß angelegter Anbau stattfand. Zudem unterschied sich das Nährstoffprofil dieser wild wachsenden Getreide von den heutigen Züchtungen.

Unsere Vorfahren aßen, was verfügbar war, was nicht zwangsläufig ernährungsoptimal war – eine Frage, die heute ein Luxusproblem darstellt.

Roh ungenießbar?

Manche Paleo-Anhänger schließen Lebensmittel wie Hülsenfrüchte aus, da diese verarbeitet werden müssten, um genießbar zu sein und Nährstoffe freizusetzen. Dabei wird übersehen, dass bereits Neandertaler vor etwa 44.000 Jahren Hülsenfrüchte kochten, um sie essbar zu machen. Auch wenn wir keine direkten Nachfahren der Neandertaler sind, liegt es nahe, dass Homo sapiens ähnliche Techniken genutzt hat.

Getreide & Hülsenfrüchte

Oft werden Getreide und Hülsenfrüchte als „böse“ dargestellt, obwohl zahlreiche Studien positive Auswirkungen auf die Herz-Kreislauf-Gesundheit, entzündungshemmende Effekte und deren neutrale Wirkung belegen. Kritiker führen Anti-Nährstoffe wie Phytinsäure und Oxalate an, die die Aufnahme wichtiger Mineralien blockieren – dabei kommen diese Stoffe auch in anderen, von Paleo-Anhängern unbeanstandeten Lebensmitteln vor.

Studien zeigen, dass selbst bei einer Ernährung mit hohem Anteil an Getreide und Hülsenfrüchten Mangelerscheinungen selten auftreten. Während raffinierte Getreideprodukte mit Entzündungen korrelieren, wirken Vollkornprodukte oft entzündungshemmend. Gluten wird häufig als problematisch dargestellt, wobei Untersuchungen belegen, dass nur 1–3 % der Bevölkerung tatsächlich eine Glutenintoleranz haben.

https://youtu.be/AdJFE1sp4Fw

Zudem gibt es viele glutenfreie Getreidesorten – wie Amaranth, Buchweizen, Hirse, Quinoa, Hafer oder Reis –, die aufgrund der Anti-Nährstoff-These von manchen gemieden werden. Lektine, die beim Kochen und Fermentieren denaturiert werden, sind in gesunden Menschen nicht nachweislich schädlich.

Eine Meta-Studie aus 2012 fand, dass die Mediterrane Ernährung, die regelmäßig Getreide und Hülsenfrüchte enthält, am effektivsten den Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel unterstützt.

Ich selbst habe ein paar wenige Intoleranzen und habe daher tiefes Verständnis dafür, Nahrungsmittel zu meiden, gegen die man adverse Reaktionen zeigt.

Zucker und Kalorien

Ein gängiges Argument in Paleo-Communities lautet: „Fett macht nicht fett, Zucker macht fett!“ Es ist jedoch unsinnig, eine ganze Makronährstoffgruppe als böse zu deklarieren, ohne den Kontext zu berücksichtigen.

Zucker ist giftig – allerdings erst in einer Dosis von ca. 30 g pro kg Körpergewicht. Bei einem täglichen Kalorienüberschuss von rund 700 kcal zwischen 1970 und 2010 in den USA waren nicht einmal 10 % der zusätzlich aufgenommenen Kalorien auf Zucker zurückzuführen. Zucker allein erklärt die Übergewichtsepidemie also nicht.

Die vereinfachte Aussage kann allerdings dazu führen, dass kaloriendichter Zucker durch nährstoffreichere, kalorienärmere Lebensmittel ersetzt wird.

Omega 6 und Omega 3

Die Behauptung, Omega-6- und Omega-3-Fettsäuren müssten in einem bestimmten Verhältnis aufgenommen werden, ist wissenschaftlich nicht haltbar. Fest steht jedoch, dass eine ausreichende Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren – insbesondere EPA und DHA aus Fischöl – zahlreiche gesundheitliche Vorteile bietet.

Lebensmittel wie Kokosöl oder bestimmte Nüsse enthalten vorwiegend Omega-6-Fettsäuren, was unproblematisch ist, solange du deine Omega-3-Zufuhr erhöhst. Pflanzliche Omega-3-Öle werden vom Körper nur begrenzt verwertet.

Fazit und Empfehlungen

Paleo ist mit seiner starken Community und dem Fokus auf frische, unverarbeitete Lebensmittel eine effektive Methode, um Menschen zu einer besseren Ernährungsweise zu bewegen. Die Vorteile des „Zurück zu den Wurzeln“-Ansatzes sind unbestreitbar.

Kritik darf jedoch nicht unter den Teppich gekehrt werden. Zwar bietet Paleo viele Vorteile, jedoch stützen sich manche Verbote bestimmter Nahrungsmittel nicht hinreichend auf wissenschaftliche Erkenntnisse. Radikale Ansichten führen dazu, dass Nahrungsmittel gemieden werden, die weder krank noch tot machen – ein Verzicht ist also nicht nötig, wenn sie dir schmecken.

Aus Erfahrung höre ich häufig von Menschen, die trotz strenger Regeln keinen Muskelaufbau verzeichnen können, während sie eine lange Liste an Nahrungsmitteln meiden. Finde den Zusammenhang!

Individueller Ausschluss

Der Ausschluss ganzer Nahrungsmittelgruppen sollte individuell und auf Grundlage tatsächlich vorhandener Unverträglichkeiten oder Allergien erfolgen – und nicht aufgrund von Vermutungen eines Ernährungsgurus.

Title photo courtesy of Erix! (Creative Commons License)

Grain poison photo courtesy of Private Nobby (Creative Commons License)

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