[Stress-Serie #1] Leidest du unter STRESS?

Stress ist eine Nebenwirkung unseres modernen Daseins. Wir leben in der Höher-Schneller-Weiter Gesellschaft. Es gibt bestimmte Ideale, und uns wird jeden Tag suggeriert, dass wir uns für deren Erfüllung zu optimieren haben. Tolle Bildung, toller Job, tolle Karriere, toller Haarschnitt, tolle Kleidung, tolle Haut, tolle Figur, tolle Familie, tolle Kinder, tolles Haus, toller Urlaub, tolles Auto. Und von nichts kommt ja nichts.

Zwei Beobachtungen:

• Die meisten begreifen Zeit als ein wertvolles Gut

• Gestresst sein, bedeutet am Erfolg zu arbeiten – und ist Statussymbol

Die “bestechende” Logik dahinter: Wer nicht im Stress ist, strengt sich nicht an. Wer sich nicht anstrengt, fällt zurück. Zeit hat verplant zu sein.

Ich bin mir sicher, auch DU kennst Stress.

ALLTAG

Du wusstest schon, als du von der Arbeit kamst, dass du für das morgige Meeting noch die Präsentation fertig machen musst. Schließlich kamen heute alle möglichen Kollegen noch bei dir an, mit “ganz besonders dringenden” Sachen. So blieb das wichtigste mal wieder liegen. Zuhause nach einem schnellen Abendessen (wozu hat man eine Mikrowelle?) also wieder an den PC gesetzt, um das endlich fertig zu kriegen. Dabei ganz die Zeit vergessen. Endlich zufrieden mit deiner Präsentation stellst du fest, dass es schon fast 23 Uhr ist. Nach der Arbeit warst du ziemlich erschöpft, aber jetzt fühlst du dich noch nicht wirklich müde.

Was solls, nochmal kurz den Fernseher anmachen oder auf deiner Lieblingswebsite rumsurfen und ein bisschen runterkommen. Irgendwann nach Mitternacht gehts dann Richtung Bett. Um 3:28 Uhr morgens wirst du wach und gehst kurz ins Bad. Dabei fällt dir ein, dass du morgen unbedingt noch der Nachbarin den Zweitschlüssel geben musst, damit der Mensch von der Heizungsfirma zum Ablesen in die Wohnung kommt. Und jetzt kannst du nicht wieder einschlafen, weil du den hektischen morgigen Tagesablauf im Geiste nochmal durchgehst. Hast du auch wirklich an alles gedacht? Der Wecker zeigt schon fast vier Uhr morgens, und du versuchst willentlich, endlich wieder in den Schlaf zu kommen. Das nächste, das du mitbekommst, ist der Wecker, der dich um 6:00 Uhr anplärrt. Gefühlt bist du doch gerade erst eingeschlafen!? “Okay, gleich steh ich auf, nur noch zehn Minuten…”

Um 6:20 Uhr merkst du, dass du einmal zu oft auf “Snooze” gedrückt hast und springst panisch aus dem Bett. In Rekordzeit springst du unter die Dusche, machst dich fertig, währenddessen läuft die Kaffeemaschine. Um 6:45 Uhr verlässt du das Haus, um trotz Verkehr auf keinen Fall zu spät zu kommen. Gerade sitzt du im Auto und dir fällt ein “Verdammt, der Zweitschlüssel!”. Schnell gehts zurück in die Wohnung, den Umschlag mit dem Schlüssel legst du der Nachbarin auf die Fußmatte und hetzt zurück zum Auto. Auf der Fahrt zur Arbeit schon wieder eine neue Baustelle, der Verkehr kommt nur schleichend voran – und die Zeit verrinnt. Die Nadel der Tankuhr neigt sich dem roten Bereich zu, auf dem Heimweg musst du auf jeden Fall tanken.

Halbwegs pünktlich gibt es noch einen Kaffee, und du arbeitest deine Mails ab, bevor es ins Meeting geht. Dass der Chef mit der Präsentation sehr zufrieden war, gibt dir einen kleinen Energieschub bis zur Mittagspause. Jetzt endlich was essen… Leider ist Herr Mustermann krank, und seine Arbeit wurde so gut es ging unter den Kollegen aufgeteilt. Das Büro jetzt verlassen, unmöglich. Zwei Kollegen wollen Pizza bestellen. Naja, besser als gar nichts. Später hängst du über einer Excel Tabelle und versuchst mit einem schlecht gepflegten Datensatz etwas anzufangen, während du deine Salami Pizza runterschlingst und versuchst, keine Fettflecken auf dein Business Outfit zu bekommen. … Um 19:30 Uhr bist du dank Stau, Tanken und kurzem Einkauf endlich zuhause. Du realisierst, dass es erst Dienstag ist, dabei bist du mehr als reif fürs Wochenende. Und wann war eigentlich der letzte Urlaub…?

Was ist Stress?

Zunächst: Stress ist nicht per se etwas schlechtes. Ein Stress ist ein Reiz. Und zum Beispiel brauchen etwa unsere Muskeln und Knochen gewisse Reize, um stark und gesund zu bleiben. Und Stress ist nicht immer nur etwas, das uns geistig betrifft und nachts schlecht schlafen lässt.

Es gibt mehrere Arten von Stress, die ich dir heute kurz erläutern will, bevor es dann nächste Woche darum geht, was genau mit uns passiert, wenn wir unter Stress stehen.

1. Physischer Stress

Physischer Stress in der Form von Bewegung und Ertüchtigung ist wichtig für unsere Gesundheit. Der Stress resultiert aus der Arbeit, die wir gegen die Schwerkraft (und ggf. externe Widerstände) verrichten müssen. Astronauten im All fehlt dieser Stress, weshalb sie regelmäßig trainieren müssen, um das Gröbste in Sachen Muskelschwund und Verlust an Knochendichte zu vermeiden.

Zu VIEL Bewegung und Ertüchtigung kann auch negative Folgen haben, wie eine Überlastung des Zentralen Nervensystems und ein unterdrücktes Immunsystem.

2. Chemischer Stress

Unsere Körper sind auf der Zellebene voller “Chemikalien”. Die Produktion, der Abbau, die Umwandlung dieser Substanzen ist ein lebensnotwendiger Stress für den Körper. Darunter fällt zB. die Umwandlung von Nährstoffen in Energie, oder die Synthese von Hormonen. Auch die Nährstoffe, die wir zum Überleben brauchen sind letztlich Chemikalien.

Gleichzeitig werden unsere Körper heute tausenden von synthetischen Chemikalien ausgesetzt, und das erst seit wenigen Jahrzehnten – so dass unser Organismus keine Zeit hatte, sich an diese Veränderung evolutionär anzupassen. Viele dieser Stoffe kann unser Körper nicht verwerten oder abbauen. Dazu gehören Medikamente, Pestizide und Herbizide auf Lebensmitteln, Chemikalien in Hygieneprodukten uvm.

3. Elektromagnetischer Stress

Sonnenlicht ist eine Form von elektromagnetischem (EMG) Stress, und führt seinerseits zu chemischem Stress, indem wir Vitamin D produzieren und Melatonin/Cortisol reguliert werden, wenn Sonnenlicht auf unsere Körperoberfläche trifft. Ohne Sonnenlicht könnten wir nicht überleben.

Zu VIEL Sonnenlicht kann aber natürlich auch ein negativer Stress sein. Ein strittiges Thema ist die Ausstrahlung von EMG-Verschmutzung durch all die elektronischen Geräte, die wir tagein tagaus benutzen.

4. Psychischer Stress

Meistens meinen wir diese Form von Stress, wenn wir das Wort gebrauchen. Auch hier gibt es aber gute Formen von Stress: Etwa wenn wir eine Herausforderung meistern, und dadurch ein Persönlichkeitswachstum erzielen können, das seinerseits unsere Lebensqualität erhöht.

Meistens denken wir hier aber an die negativen Formen von psychischem Stress. Wenn wir multitasken, zu viel arbeiten, immer gehetzt sind. Wenn wir unter Druck gesetzt werden, ausgegrenzt und beleidigt werden. Uns einsam fühlen. Wenn wir das Gefühl haben, all unseren Verpflichtungen und unserer Verantwortung nicht gerecht werden zu können.

5. Thermischer Stress

Unser Körper besteht aus Billionen von Zellen, jede Sekunde laufen Billionen chemischer Reaktionen ab. Dazu ist eine bestimmte Temperatur erforderlich. Der Körper ist deshalb zwingend bestrebt, eine konstante interne Umgebung, darunter fällt auch eine bestimmte Körpertemperatur, aufrecht zu erhalten. Dieses Konzept bezeichnet man als Homöostase.

Wenn es heiß oder kalt ist, ist dieses thermoregulatorische System gefragt – und es ist gut für uns, es zumindest gelegentlich unter Stress zu setzen. Das ist u.a. auch Grund dafür, warum Saunieren oder Kneipp Anwendungen so positive Auswirkungen haben.

Unterkühlung, Erfrierungen, Verbrennungen hingegen sind ganz offensichtlich eine negative Form dieser Stressart.

Du siehst also, Stress ist nicht nur das, was zum berühmten Burnout führen kann. Stress kann positiv und negativ sein. Oft macht die Dosis das Gift, wie hoffentlich heute deutlich wurde.

Während Stress also ein normaler Bestandteil des Lebens ist, ist es heute umso wichtiger, aufzupassen, dass bestimmte Stressoren nicht überhand nehmen und unsere Lebensqualität herabsetzen. Selbst etwas triviales wie dein Trainingsfortschritt kann durch Stress massiv beeinträchtigt werden. Weitere Stolpersteine findest du in diesem Artikel von Thomy .

 

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