Starting Strength – Eine starke Basis schaffen
Mark Rippetoe ist ein amerikanischer „Strength Coach“, von dem jeder schon einmal gehört haben sollte. In der Szene genießt er ein hohes Ansehen. Der knapp 60 jährige alte Mann ist ein ehemaliger Powerlifter und betreibt ein eigenes Fitnessstudio (nicht so eins mit 100 Cardio-Geräten!), sondern ein richtiges Gym.
Von ihm stammen 2 der wichtigsten Bücher über Krafttraining: „Starting Strength: Basic Barbell Training“ und „Practical Programming for Strength Training“. Das erste Werk beinhaltet einen Trainingsplan, die dazugehörige Trainingsmethode, eine detaillierte Beschreibung der wichtigsten Langhantelübungen und eine Anleitung zum Steigern der Gewichte (Progression).
Starting Strength ist in Zusammenarbeit mit Dr. Lon Kilgore entstanden und basiert auf einem Football-Trainingsprogramm aus den frühen 1970er Jahren, welches von Bill Starr angewendet wurde. Bill Starr ist ebenfalls eine Größe der Szene und propagiert das „Madcow“-System und „The Strongest Shall Survive“ (Trainingsprogramm für Footballer) – beides ebenfalls Trainingsprogramme.
Starting Strength (SS) – Der Trainingsplan
Wie Du dir sicher denken kannst, ist Starting Strength ein Ganzkörperplan. Trainiert wird an 3 Tagen pro Woche mit jeweils einen Tag Pause zwischen den Trainingstagen. Anschließend folgen zwei Pausentage. So kann man beispielsweise immer Montag, Mittwoch und Freitag trainieren. Oder aber Dienstag, Donnerstag und Samstag. Oder aber Freitag, Sonntag und Dienstag… Du siehst, Du kannst es Dir so einteilen, wie es für Dich am besten passt. Die Workouts wechseln sich dabei stetig ab (System: Workout A – Workout B – Workout A – Workout B – Workout A – Workout B …).
Workout A
• 3 Sätze mit jeweils 5 Wiederholungen: Kniebeugen
• 3 Sätze mit jeweils 5 Wiederholungen: Bankdrücken
• 1 Satz mit jeweils 5 Wiederholungen: Kreuzheben
Workout B
• 3 Sätze mit jeweils 5 Wiederholungen: Kniebeugen
• 3 Sätze mit jeweils 5 Wiederholungen: Schulterdrücken / Press
• 3 Sätze mit jeweils 5 Wiederholungen: Power cleans
Hinzu kommt natürlich noch das Aufwärmprogramm, welches ich Dir schon einmal vorgestellt habe.
Progression – Steiger die Gewichte!
Zunächst: wichtig ist, einen Satz zu starten, wenn Du dich bereit dazu fühlst. Es bringt Dir nichts mit einer Stoppuhr vor der Langhantel zu stehen und die Pausenzeiten penibel einzuhalten. Rippetoe gibt als Anhaltspunkt 3-7 Minuten Pause zwischen den Sätzen an. Das ist sehr viel und gerade am Anfang meist nicht nötig. Es spricht also nichts dagegen, anfangs früher zu starten.
In den ersten 4 Wochen des Programms sollte es Dir möglich sein, die größten Schritte zu machen. Dazu eine kleine Übersicht:
Als Mann… (Bei Frauen halbieren sich die Werte!)
• Kreuzheben: bis zu 10kg pro Trainingseinheit
• Kniebeugen: bis zu 5kg pro Trainingseinheit
• Bankdrücken: bis zu 5kg pro Trainingseinheit
• Schulterdrücken: bis zu 5kg pro Trainingseinheit
• Power Cleans: bis zu 5kg pro Trainingseinheit
Nach den ersten 4 Wochen wird die Progression weniger steil, also geringer verlaufen. Das heißt wiederum, dass sich die Werte halbieren (Achtung: bei Frauen sind die Werte von Anfang an halbiert – diese halbieren sich nochmal, da Frauen weniger Muskelmasse aufbauen können!)
Du solltest das Trainingsgewicht erst steigern, wenn Du alle Sätze mit sauberer Technik ausführen kannst. Empfehlenswert sind grundsätzlich kleinere Schritte. Nach dem Steigern kann es vorkommen, dass Du keine 3 Sätze mit jeweils 5 Wiederholungen schaffst, sondern beispielsweise 5 – 4 – 4. Das ist normal. Beim nächsten Mal sollte eine Steigerung auf 5 – 5 – 5 möglich sein.
Nicht ausgelastet? Zusatzübungen!
Mark Rippetoe empfiehlt nach einiger Zeit noch Übungen hinzuzufügen. Beispielsweise empfiehlt er Chinups (Klimmzüge im Untergriff) und Dips (für den Trizeps und die Brust). Das gehört aber nicht zum Kernprogramm und stellt eine Ergänzung zur Durchblutung und zusätzlichem Volumen dar. Andere Übungen wären Teilbewegungen der eigentlichen Übungen wie der „Rack Pull“, Rumänisches Kreuzheben, „Shrugs“, „Box Squats“, „Paused Squats“, „Rack Bench Press“, Enges Bankdrücken, Schrägbankdrücken, „Push Press“, „Goodmornings“, „High-Bar Squats“ und Front-Squats und noch einige mehr.
Einbauen kann man sie am Ende des eigentlichen Trainings, um das Volumen zu erhöhen.
Als Anfänger sollte man aber bei der Grundkonstante von Starting Strength bleiben. Ganz nach dem Motto „weniger ist mehr“.
„Ich komm nicht mehr weiter!“ – Stagnation
Wenn Du deine Trainingsgewichte bei einer Übung längere Zeit (bei 3 Trainingseinheiten ist das der Fall) nicht steigern kannst, solltest Du etwas dagegen unternehmen. Ein „Setback“ ist eine gute Variante, um erneuten Anlauf zu nehmen. Dabei setzt Du das Trainingsgewicht der Übung um 20% zurück, bei welcher Du stagnierst und arbeitest dich erneut auf das Gewicht hoch. Ohne es zu bemerken toppst Du das Plateau und befindest dich über dem eigentlich problematischen Gewicht. Das genaue Vorgehen habe ich in folgendem Artikel schon beschrieben: „Setback“.
Kritik an „Starting Strength“
Trotz allem Lob für Mark Rippetoes Programm, gibt es natürlich auch Gegenstimmen. Im Prinzip sind es 3 große Punkte, die es zu betrachten gilt: 1. die Übung „Power cleans“ sei zu schwierig, 2. das Programm ist allgemein viel zu Beinlastig und 3. die vorgeschlagene Ernährungsphilosophie ist zu extrem.
#1 „Power cleans“ sind zu schwierig
In der Tat sind Power cleans aus Sicht der Koordination und des Verletzungspotentials eine schwierige Übung. Aus diesem Grund wird häufig ein Austauschen der Power Cleans mit Langhantel-Rudern vorgeschlagen. Eine gute Variante, auch für die Ästhetik.
Wobei es zu bedenken gilt, dass Rippetoe schon einen Grund für die Power Cleans hatte. Er wollte damit bewusst die Explosivität steigern und ein besseres Körpergefühl erreichen. Das Problem ist nur, dass die meisten keine erfahrenen Trainer an ihrer Seite haben, um sich die Übung richtig zeigen zu lassen. Dazu kommt noch, dass Rippetoes der Power Cleans nicht 1 zu 1 vergleichbar mit dem „normalen“ Powerclean ist, da die Anwendung schon anders gedacht ist.
#2 Starting Strength ist zu beinlastig
Ein Punkt, den man schlecht ausbessern kann, ohne das ganze Programm umzustellen, ist der Fokus auf die Beinmuskulatur. Das kann man Mark Rippetoe aber nicht vorwerfen, da er ehemaliger Powerlifter ist und dort ein Großteil der Disziplinen aus beinlastigen Übungen besteht. Ein weiterer Punkt ist der menschliche Körper. Die Muskeln im Unterkörper lassen sich einfach auch hervorragend in ihrer Kraft steigern, da das Potential riesig ist. Ich meine: vergleich deinen Oberarm mal mit deinem Oberschenkel. Bist Du nicht gerade der ultra-skinny Hipster Nummer 1, dann wirst Du hier schon entscheidende Unterschiede feststellen können.
Wer überhaupt keine Beinmuskeln aufbauen möchte, ist bei SS definitiv an der falschen Adresse. Willst Du aber richtig dicke Beine, entscheide dich für Starting Strength – Du wirst nichts Besseres finden.
Rippetoe ist übrigens Fan der „Low-Bar Squats“. Aus diesem Grund werden diese auch im Programm verwendet.
#3 „GOMAD“-Ernährung ist zu extrem
GOMAD heißt wörtlich übersetzt „gallon of milk a day“. Dabei wird dazu geraten täglich viel zu essen und zusätzlich noch 4 Liter (= eine Gallone) Milch zu trinken. Sinngemäß wird es oft auch mit „friss so viel wie möglich“ in Verbindung gebracht, was natürlich sehr schnell zu sehr viel Fettdepots führt.
Was Ernährung betrifft, sollte man sich ohnehin nicht an Mark Rippetoe orientieren. Was das betrifft ist er sehr „rustikal“. Besser wäre eine durchdachte Ernährung, die ein gutes Makronährstoffprofil aufweist. Unter Umständen kann dein Fortschritt etwas darunter leiden, das heiß verlangsamt werden. Wem seine Optik aber wichtig ist, der wird mit diesem Kompromiss einverstanden sein. Auf der anderen Seite rät Rippetoe aber auch zu 6 Portionen Gemüse und Obst pro Tag. Seine Grundansichten sind nicht verkehrt, er empfiehlt sie nur ohne „Rechnerei“ von Makro- und Mikronährstoffen, was vielen Menschen missfällt. Praktisch ist er nicht „science“ (= wissenschaftlich) genug.
Es gibt auch böse Zungen, die behaupten „wenn Du kein GOMAD machst, machst Du auch nicht Starting Strength“. Das erachte ich als ziemlichen Blödsinn, da das Trainingsprogramm dennoch beibehalten wird und die Ernährungsphilosophie wieder ein anderes Thema ist.
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