
Veröffentlicht am 14.10.2023
Pünktlich zum Wochenende beglücke ich dich mit einer kleinen Geschichte, die sich diese Woche zusammen mit Toni, meinem Trainingspartner, abgespielt hat. Wir ließen uns in einem Fitnessshop ausgiebig beraten. Die Nahrungsergänzungsmittel, die angeboten wurden, waren nicht so zahlreich wie erwartet, während die Fachkenntnis des Verkäufers umso erschreckender war.
Der Plan
Unser Plan war es, in einen Fitnessshop zu gehen und uns umfassend beraten zu lassen – als würden wir erst seit kurzem am Eisen sein. Ich wollte testen, welche Produkte und Empfehlungen uns als Anfänger angeboten würden. Vorweg: Du solltest nicht alles glauben, was du gleich lesen wirst. Der Verkäufer hatte keinerlei Interesse an unserer Ernährung oder unserem Trainingsverhalten, sondern wollte vor allem Nahrungsergänzungsmittel verkaufen.
Fokussieren
Zunächst überlegten Toni und ich, welche Produkte er uns wohl empfehlen würde. Unsere Vermutung war ein wilder Mix aus Proteinpulvern (wie Molke-Protein, Mehrkomponentenprotein und Casein-Protein), Weight-Gainern und eventuell BCAAs, die sich gut verkaufen ließen. Beim Betreten des Stores begann er sofort: Er bot uns Hilfe an, obwohl uns seine Einstellung gegenüber einem regelmäßigen Training überraschte.
Die Beratung
Ohne zu zögern, begann er mit der Beratung der Nahrungsergänzungsmittel. Seine erste Empfehlung war ein gutes Whey-Protein. Nach ein paar Fakten schlug er zusätzlich BCAAs und einen Weight-Gainer/Mass-Gainer vor, der überwiegend aus Zucker bestand. Er meinte, als Anfänger würde man nicht mehr brauchen, fügte aber hinzu, dass ab sechs Monaten Training eine Creatin-Kur sinnvoll sei – obwohl wir gerade erst seit fünf Monaten unterwegs waren.
Toni, im Tank-Top, und ich, im Pulli, bekamen ein anerkennendes "Ihr habt ja schon ein bisschen was" zu hören. Wir wollten jedoch mehr wissen: Warum empfahl er eine Creatin-Kur und keine dauerhafte Einnahme? Seine Antwort blieb unbefriedigend. Auf die Frage, warum wir ein Mehrkomponentenprotein nicht nutzen könnten, entgegnete er, dass das enthaltene Casein mit einer Magenverweildauer von vier Stunden nach dem Training nichts bringe.
Toni fragte zudem, ob BCAAs nicht im Whey-Proteinpulver enthalten seien. „Ja, aber in zu geringen Mengen. Es ist ratsam, sie zusätzlich zuzuführen“, erklärte er und fügte hinzu, dass BCAAs dem Muskelschutz dienten. Doch dann schockierte er uns mit der Aussage, dass zu schnelles Muskelwachstum ohne ausreichende BCAA-Zufuhr zu Rissen an Bizeps und Brust führe, die dann mit Cremes behandelt werden müssten. Diese Behauptung war schlicht absurd.
Weiterhin riet er, in den Mass-Gainer BCAAs einzumischen und den Whey-Shake dreimal täglich – allerdings ausschließlich mit Wasser zu trinken, da Milch die Proteinaufnahme verlangsamen würde. Er bezog sich auf ein Zeitfenster von 30 Minuten nach dem Training, in dem der Körper optimal das Protein aufnehmen soll. Creatin beeindruckte ihn offenbar, da er damit sein Bankdrücken in zwei Wochen von 60 auf 80 kg steigern konnte – auch wenn er selbst nicht einmal 50 kg stemmte. Nach der Creatin-Kur sollte Beta-Alanin folgen, was er uns ebenfalls anpries.
Auf die Frage, ob wir unseren Eiweißbedarf nicht auch über die Ernährung decken könnten, widersprach er mit dem Hinweis, dass man dafür 2 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht zu sich nehmen müsse – was bei normaler Ernährung kaum möglich sei. Eigentlich wollte ich ihm an einem typischen Tag zeigen, wie leicht sich der Proteinbedarf erfüllt, doch wir waren ja noch Anfänger. Schließlich verließen wir den Laden mit der Begründung, noch nachdenken zu wollen – und kamen nie zurück. Lass dich nicht von Menschen verunsichern, die dafür bezahlt werden, dir etwas zu verkaufen.