
Veröffentlicht am 9.9.2023
Der heutige Artikel ist für die Anfänger unter uns. Ein bekannter Strength Coach hat einmal gesagt, dass heute „jeder advanced ist“. Damit meinte er die Eitelkeit vieler Trainierender, die das Wort „Anfänger“ als etwas Schlimmes, Unehrenhaftes, ja sogar Beleidigendes empfinden.
Fitness, Krafttraining, Athletik – egal, welches Wort am besten zu deinen Zielen passt: Wie bei allen Fähigkeiten, die du meistern kannst, musst du irgendwo anfangen.
Das ist nicht schlimm, sondern sehr gut! Du hast dich entschieden, einen Weg zu beschreiten, der dir mit der Zeit viele Vorteile bringt: mehr Leistungsfähigkeit, Einsatzwillen, Disziplin, Eigenverantwortung, einen ästhetischeren Körper (was auch immer das für dich bedeutet), Geduld und die Fähigkeit, mit Rückschlägen umzugehen sowie Probleme zu lösen. All das stärkt dein Selbstbewusstsein und verändert dein Leben und deinen Umgang mit deinem Umfeld. Schön, dass du Anfänger in diesem Bereich bist.
Als Anfänger solltest du unbedingt einige Grundregeln lernen, die für alle Athleten und Kraftsportler gelten – egal auf welchem Fähigkeitslevel. Missachtest du diese, sabotierst du dich selbst und legst dir von vornherein Steine in den Weg. Oft geschieht das aus mangelnder Geduld, übermäßigem Enthusiasmus und dem Wunsch, am besten schon übermorgen ans Ziel zu kommen – meist jedoch mit genau dem gegenteiligen Ergebnis.
1. Lass dein verdammtes Ego draußen
Im Krafttraining spielt das Ego eine große Rolle. Meiner Erfahrung nach führt übertriebener Stolz dazu, dass du nicht offen für Neues bist. Ein Freund, der Menschen trainiert, nutzt in sozialen Netzwerken gern das Hashtag „Whitebeltmentality“ – eine Anspielung auf Kampfkünste. Überlege, ob du diese Einstellung nicht auch annehmen solltest, ganz gleich, womit du beginnst, besonders im Kraftsport.
Stell dir vor, du gehst in ein Karate-Dojo, um Karate zu lernen. Selbst wenn du schon 10 Jahre geboxt hast, beginnst du als unbeschriebenes Blatt mit einem weißen Gürtel. Dort lernst du Respekt vor deinem Sensei und deinen Trainingspartnern, Disziplin und Rücksicht sowie den Blick fürs Detail, denn der Teufel steckt im Detail. Nur wer ein solides Fundament als Weißgurt legt, kann später ein Schwarzgurt werden.
2. Wer bist du und wohin willst du?
Die meisten Trainingsanfänger fallen in eine von zwei Kategorien:
- Du weißt, wo du stehst – etwa, dass du dich in deinem Körper unwohl fühlst und vielleicht zu viel wiegst – aber hast keine klare Vorstellung, wohin du willst.
- Du weißt, wohin du willst – eventuell bis Olympia – ohne realistisch einzuschätzen, wo du gerade stehst und welche Schritte notwendig sind.
Bevor du mit dem Training beginnst, solltest du eine realistische Bestandsaufnahme machen: Wie ist deine aktuelle Leistungsfähigkeit? Beherrschst du die Techniken, die dich voranbringen? Und was motiviert dich – sei es das Erlernen freistehender Handstand Pushups oder ein anderes Ziel.
Wenn du weißt, wo du stehst und wohin du willst, kannst du den besten Weg wählen, um dein Ziel zu erreichen.
3. Form vor Gewicht
Dieser Aspekt ist gesunder Menschenverstand und sollte selbstverständlich sein – dennoch wird er oft vernachlässigt. Mehr Gewicht auf die Stange zu packen und nur einen Teil der Bewegung auszuführen, mag mächtig aussehen, zeigt aber, dass du keinen Plan hast, was du tust.
Dieser Punkt hängt eng mit deinem Ego zusammen. Wähle lieber eine anspruchsvollere Progression, beispielsweise für Klimmzüge oder Pistol Squats, und arbeite an der sauberen Technik. Lerne Grundübungen wie Air Squats und Goblet Squats, bevor du mit schweren Langhantelübungen beginnst. Ziehe Hilfe von jemandem hinzu, der sich auskennt, und filme deine Lifts, um Verbesserungspotenzial zu erkennen. Arbeite an deinen Schwächen in Kraft und Beweglichkeit, bevor du das Gewicht steigerst.
4. Paralyse durch Analyse
Sobald du deine Ausgangslage geklärt hast, erstelle – allein oder mit einem Trainer – einen sinnvollen Trainingsplan. Ein Plan bringt nur dann Fortschritte, wenn du ihn auch durchziehst und nicht schon nach ein paar Wochen aufhörst, weil dich Ablenkungen aus Social Media locken.
Vermeide die ständige Versuchung, auf neue Trends umzusteigen oder deinem bestehenden Plan ständig „Wunderwaffen“ hinzuzufügen. Konzentriere dich auf einen Plan – investiere mindestens 8 Wochen, um festzustellen, ob er für dich funktioniert.
Finde einen guten Plan und schalte dann deinen Kopf auf Standby, um dich voll auf die Umsetzung zu konzentrieren.
5. Beständigkeit
Im Training brauchst du keine endlosen Variationen, alle zwei Wochen ein neues Programm oder ständig wechselnde Ernährungspläne. Was du wirklich benötigst, ist Beständigkeit.
Krafttraining fordert deinen Körper zur Anpassung: Knochen werden dichter, Sehnen und Bänder stärker, und auch die Muskeln verändern sich – all das braucht Zeit, oft mehr, als dir Marketingversprechen vorgaukeln.
Nach einem Jahr konsequenten Trainings wirst du stolz auf deine Fortschritte sein, auch wenn das ultimative Ziel noch nicht erreicht ist. Hohe Ziele sind in Ordnung – bedenke aber, dass die meisten, die sie erreichen, jahrelang hart gearbeitet haben.
Beständigkeit ist der entscheidende Faktor. Es ist kein Sprint, sondern ein Ultra-Marathon. Es mag nicht sexy klingen, aber es ist der richtige Weg, um langfristig Erfolg zu haben.
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